Rheinbad-Zwischenfall: Interview mit Hürriyet 1.7.2019

1.7.2019 16:16 Uhr

Das, was am Samstagnachmittag im Rheinbad in Düsseldorf Stockum geschehen ist, hat bundesweit und partei-übergreifend seine Spuren hinterlassen. Ein Familienvater mit türkischen Wurzeln sah sich quasi aus dem Nichts einem Mob von mehreren Hundert Menschen gegenüber, weil er sich nachhaltig über Rücksichtslosigkeiten beschwerte. Bei einem erheblichen Teil der jungen Männer soll es sich um Personen nordafrikanischen Ursprungs gehandelt haben. Rund 70 Polizistinnen und Polizisten waren im Rheinbad nahe der Düsseldorfer Messe im Einsatz, um die öffentliche Ordnung sicherzustellen. Das Ganze gipfelte darin, dass der Familienvater das Bad mit seiner Familie unter Polizeischutz verlassen musste. Die Vorkommnisse waren für uns von Hürriyet.de Anlass, ein Gespräch zur Situation mit DrMalte Kaufmann, Sprecher der AfD vom Kreisverband Heidelberg, zu führen.

Zuerst einmal gilt Herrn Dr. Kaufmann unser Dank, dass er so kurzfristig und „ohne Vorwarnung“ für ein exklusives Interview zur Verfügung stand.

Hürriyet.de: Guten Tag Herr Kaufmann, was lösen Meldungen wie die zum Rheinbad Düsseldorf in Ihnen aus? Wut? Enttäuschung? Resignation?

Dr. Malte Kaufmann: Es ist schon in gewisser Weise Wut und ich glaube jetzt nicht unbedingt Resignation. Aber wir müssen aufpassen in unserer Gesellschaft, dass wir Recht und Ordnung herstellen und das in allen Bereichen des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Dazu gehört selbstverständlich auch das Verhalten von Badegästen in Freibädern, denn Freibäder sind ein Ort der Erholung, des Austauschs, der Freizeit. Da dürfen wir es nicht zulassen, dass plötzlich Jugendbanden sich zusammenrotten und zu Hunderten auf einzelne Badegäste losgehen. Oder dass sie Bademeister bepöbeln, wenn diese Anweisungen geben, die der Sicherheit dienen. Von derartigen Vorkommnissen hören wir derzeit fast jeden Tag.

Das, was jetzt gerade im Rheinbad in Düsseldorf passiert ist, ist ja geradezu dramatisch, dass da eine türkische Familie dermaßen angegangen wurde, von Hunderten von jungen Männern, die – wie es in den Meldungen heißt – nordafrikanischen Hintergrund hatten. Dass dann noch die Polizei der Familie Polizeischutz gewähren und diese Menschen aus dem Freibad begleiten muss, das sind Dimensionen, die können uns nicht kaltlassen. Da müssen auch wir von der Politik eine klare Antwort geben. Das kann man so nicht einfach schleifen lassen. Sonst haben alle Menschen in Deutschland irgendwann das Gefühl, dass Recht und Ordnung nicht mehr gelten. Die Folge wäre, dass man nur noch mit Angst vor die Türe geht, um dort seine Freizeit zu genießen.

Hürriyet.de: Wo sehen Sie die Gründe, dass der Familienvater wohl keinerlei Unterstützung von anderen Badegästen erhielt? Fehlende Zivilcourage?

Dr. Malte Kaufmann: Ja, das ist sicher ein Problem, die mangelnde Zivilcourage. Allerdings weiß ich nicht um die Details vor Ort. Aber wenn man sich einer Horde junger Männer gegenübersieht und man weiß, dass sie oft und gerne das Messer zücken, dann haben viele Menschen natürlich auch Angst um die eigene Unversehrtheit. Die Angst ist groß, dass man selbst zum Opfer wird, wenn man dazwischengeht. Das ist ja auch schon häufig passiert. In U-Bahnen zum Beispiel. Da wurde dann denen an den Kopf getreten, die helfen wollten.

Rolf Vennenbernd/dpa

Hürriyet.de: Sind in Ihren Augen Sicherheitsdienste in Freibädern, die in sozialen Brennpunkten liegen oder die stark frequentiert sind, unverzichtbar?

Dr. Malte Kaufmann: Also als Ad-hoc-Maßnahme ist das etwas, über das man nachdenken muss. Aber ist natürlich schade, wenn es dazu kommt, dass ein Freibad zu einer Zone wie ein Flughafen würde, wo man sich vor dem Betreten vorher „filzen“ lassen muss. Doch wir haben das ja schon in anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei Weihnachtsmärkten oder auch bei Volksfesten mit größeren Menschenmengen. Und nicht zu vergessen die Silvesterfeiern. Da greifen inzwischen massive Sicherheitsmaßnahmen, um die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Wir müssen aber eben schauen, wo liegt die Wurzeln des eigentlichen Problems. Eine Wurzel des Problems liegt nach meiner Meinung darin, dass Straftäter vom Rechtsstaat nicht hart genug angefasst werden. Das sah man am Rheinbad, wo ich die Hürriyet-Meldung gelesen habe und sah, es gab als Konsequenz für die Pöbler und Angreifer „Gefährderansprachen“ sowie Platzverweise. In meinen Augen ist das nicht ausreichend. Da muss der Rechtsstaat härter durchgreifen. Das können zum Beispiel für Jugendliche gemeinnützige Arbeiten ein oder auch bis hin zum Jugendarrest. Die Rädelsführer müssen ausfindig gemacht werden und sie müssen dann spüren, so geht es nicht in Deutschland. Da müssen Strafen auch schon für Jugendliche folgen, denn ungeahndet setzt sich das immer wieder fort. Im Bereich von Sexualdelikten bin ich der Meinung, dass Asylbewerber, die solche Strafen begehen, ihr Bleiberecht verlieren.

Hürriyet.de: Gibt es Ihrer Meinung zu wenige öffentliche Bäder, Bagger- oder Badeseen, wodurch sich die Besucherkonzentration in den wenigen Bädern an Hitzetagen in den kritischen Bereich bewegt?

Dr. Malte Kaufmann: Das ist richtig. Viele kommunale Bäder sind in den letzten Jahrzehnten geschlossen worden, weil die Finanzierung schwierig war und viele Kommunen „klamm“ sind. Ich war gerade gestern selbst mit meiner Familie an einem Baggersee, da ist auch so, dass immer mehr Stellen abgesperrt werden. Das heißt, auch die Zahl der Baggerseen, die zur Verfügung stehen, geht weiter zurück. Ich denke, das ist eine ungute Entwicklung. Ich kenne es aus meiner Kindheit noch, dass man sich gerade als Kind im Sommer auf das Schwimmen freut. Und hier ist es dann eine Aufgabe der Kommunalpolitik, entsprechende Möglichkeiten zu schaffen. Ich empfinde Schwimmmöglichkeiten zu schaffen ein wesentlich wichtigeres Projekt, als Millionen von Euro auszugeben, um klimaneutrale Gebäude zu ermöglichen – oder viele andere Bereiche, in denen viel, viel Geld ausgegeben wird.

Hürriyet.de: Wären „Familientage“ in Bädern eine Lösung? Oder brauchen Bäder „Kontingente“ in Bezug auf die Zahl an Jugendlichen und Heranwachsenden, welche eingelassen werden?

Dr. Malte Kaufmann: Was Sie sagen, erscheint als vernünftige Lösung, auch wenn ich nicht der „Freibadexperte“ bin. Ja, das könnte man so machen, dass man Familientage oder etwas in der Art einführt. Es muss ja kein ganzer Tag sein, sondern es reichen dann auch bestimmte Zeitfenster aus, an denen man die Bäder schwerpunktmäßig Familien vorbehält. Das gibt es ja schon im Saunabereich mit Damen-, Herren- oder Gemeinschaftstagen. Damit könnte man unter Umständen wirklich bei den Freibädern eine Entschärfung vornehmen. Ich würde es auf jeden Fall begrüßen, ja.

Kontingente sind immer eine Frage der Umsetzbarkeit. Da müssten an der Kasse Listen geführt werden, wie die Auslastung zum aktuellen Zeitpunkt ist. Oder man muss das Alter schätzen. Bevor etwas in der Art durchgeführt wird, würde ich damit anfangen, diejenigen, die wirklich auffallen, auszusortieren. Das sind ja häufig bekannte Leute, die sich schon häufiger danebenbenommen haben. Die gilt es zu identifizieren und dann nicht nur mit einer „Gefährderansprache“ zu reagieren, sondern diesen Leuten für eine ganze Badesaison Hausverbot zu erteilen. Damit ließen sich auch ganze Gruppen identifizieren, die einfach nicht mehr ins Bad dürfen, weil sie sich nicht benommen haben, wie es die Regeln vorgeben. Dazu kann es nötig werden, die Zahl der Bademeister aufzustocken oder Sicherheitsdienste etablieren. Wir sollten nicht immer warten, bis es zu einer extremen Eskalation kommt, sondern auch präventiv handeln. Das sollte der erste Ansatz sein, bevor man an der Kasse das Alter festhalten muss, um Kontingente nicht zu überreizen.

Rolf Vennenbernd/dpa

Hürriyet.de: Was sind Ihre Erwartungen an uns als Journalisten und die Medien-Landschaft generell, wenn es um Meldungen wie die zu Düsseldorf geht?

Dr. Malte Kaufmann: Lassen Sie mich die Antworten teilen. Das Thema habe ich geteilt, weil es mich als Familienvater berührt und interessiert. Ich will einfach nicht, dass meine Kinder mit solchen Gefährdungssituationen in Freibädern konfrontiert werden. Darum mache ich solche Dinge durch Retweets oder auch Kommentierungen publik. Die Gesellschaft muss dann auch darauf aufmerksam gemacht werden. Ich fand bei Ihrem Artikel auf Hürriyet.de gut, dass Sie Ross und Reiter benannt haben. Es hat für mich nichts mit Ausländerfeindlichkeit zu tun, aber es nun einmal ein Fakt, dass es in manchen Bereichen häufig Auffälligkeiten gibt, wenn es um junge Männer aus dem Herkunftsbereich Nordafrika geht. Es handelt sich dabei selbstverständlich nicht um alle Personen aus dem Bereich, das ist ja ganz klar. Aber wir müssen fragen, woran es liegt. Ob wir mit der Willkommenskultur zu viele Menschen quasi „angelockt“ haben, die aber nicht bereit sind, an Regeln und Gesetze zu halten.

Warum gerade Hürriyet? Ich habe mir auch angesehen, was Sie so an Berichten schreiben und ich fand das, was bei Ihnen steht, objektiv und ausgewogen. Und mir liegt es daran, dass wir einen Pluralismus in der Medienlandschaft pflegen. In Deutschland gibt es ja eine gewisse Konzentration der Zeitungsverlage und Medien. Das heißt, die Online-Plattformen und Zeitungen sind in der Hand von wenigen Konzernen. Und darum unterstütze ich auch, dass auch andere „Spieler“ Retweets erhalten. Ich auch schon dem Sputnik Interviews gegeben, ich retweete auch immer wieder die Epoch Times oder die NZZ aus der Schweiz. Es ist durchaus erfrischend und wichtig für Deutschland, dass man auch mal den Außenblick aus anderen Ländern, bei der NZZ aus der Schweiz, erhält.

Für mich ist Information wichtig, klare Kante und Trennung zwischen Information und Meinung. Das gelingt aber in meinen Augen immer weniger Blättern. Da ist, gerade bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten, der Eindruck, dass Information mit Kommentierung und der persönlichen Meinung des Journalisten sofort vermischt wird. Das möchte ich als Leser von Nachrichten-Portalen nicht. Ich möchte mir zuerst ein Bild über die nackte Information machen. Und da ist Ihr Artikel nach meiner Meinung ein positives Beispiel. Was ist tatsächlich passiert und dann mache ich mir mein eigenes Bild mit der Information, die ich erhalten. Natürlich sind auch Kommentare in Ordnung – aber es muss erkennbar sein, was ist Kommentar und was ist Information. Diese Trennung zwischen Information und Meinung ist nach meinem Dafürhalten immer weiter verwischt.

(Hürriyet.de)