Ein Krisenherd nach dem anderen tut sich auf. Die Eliten der Europäischen Union versuchen, die Situation schönzureden. Doch in Wahrheit driftet Europa immer weiter auseinander.
Eine entscheidende Bruchstelle ist nach wie vor die Migrationsfrage. Während die deutsche Bundesregierung die Massenmigration als etwas eher Positives ansieht und Multikulti quasi zur Staatsraison erhoben hat, sieht man das in immer mehr EU-Mitgliedsländern ganz anders. Die Liste wird länger und länger: Staaten wie Ungarn, Polen, Tschechien und neuerdings auch Italien und Österreich wollen inzwischen die »Festung Europa«. Der ungarische Ministerpräsident Victor Orbán (Fidesz) wendet sich entschieden gegen eine Islamisierung seines Landes, und der italienische Innenminister Matteo Salvini (Lega) hat die Häfen für Schlepperschiffe geschlossen. Doch solange Länder wie Deutschland keine klaren Signale setzen und stattdessen die »Willkommenskultur« aufrechterhalten, gibt es eben immer neue »Fluchtrouten«. Die meisten Neuankömmlinge kommen jetzt über Spanien. Jeden Tag dringen hunderte Menschen neu in den Schengen-Raum ein. Ohne vorherige Überprüfung der Identität. Und darunter eben auch Glücksritter, Verbrecher und Terroristen. Kein Wunder, dass viele Partnerländer einen solchen Irrsinn nicht mehr mitmachen wollen. Deshalb ist die beabsichtigte »Verteilung« auf andere EU-Länder auch kläglich gescheitert.
Einem wichtigen EU-Land hat es schon gereicht: Die Briten haben zum Entsetzen der politischen Führung für den »Brexit« votiert. Auf die Palme brachte sie zum einen die unbegrenzte Freizügigkeit innerhalb der EU – inklusive Armutszuwanderung aus wirtschaftlich schwachen EU-Ländern. Und zum anderen die immer weitere Aufgabe nationaler Souveränität. Die »ever closer union« war ihnen ein Dorn im Auge. Mit den Briten geht auch ein wichtiger Nettozahler der EU. Doch anstatt den Ausstieg Großbritanniens als Weckruf zu sehen, den Haushalt drastisch zusammenzustreichen und sich auf wenige wirklich wichtige Projekte zu konzentrieren, müssen die fehlenden Mittel eben von den wirtschaftlich starken Ländern geschultert werden. Die Deutschen sind hier mal wieder die Dummen. Mit einer Regierung, die großherzig das sauer verdiente Steuergeld zum Fenster hinauswirft.
Während die finanzstarken Briten die EU verlassen, schwelt die Schuldenkrise weiter. Griechenland ist noch lange nicht über dem Berg, und ein neues Sorgenkind stellt viele andere Finanzprobleme in den Schatten: Italien ist so hoch verschuldet, dass eine Zahlungsunfähigkeit droht. Sollte der Euro auseinanderbrechen, würde Deutschland auf einem Forderungsberg von über 920 Milliarden Euro in den sogenannten Target-Salden sitzen bleiben. Diesen Betrag würden wir höchstwahrscheinlich nie mehr wiedersehen. Aus diesem Grund sind wir erpressbar geworden. Die anderen Partnerländer wissen das natürlich ganz genau. Und der deutsche Michel beschwert sich schließlich nicht, wenn er weiter ausgequetscht wird.
Die Großbaustelle Europäische Union wird immer komplexer und schwieriger. Die große gemeinsame Vision fehlt. Doch die einzig richtige Konsequenz wagen wenige auszusprechen: Statt immer weiter herumzuwursteln, wäre es vielleicht viel besser, den »Reset«-Knopf zu drücken und nochmal neu anzufangen. Mit einigen wenigen Ländern, aber wirklich wichtigen gemeinsamen Zielen. Und eingebettet in ein Europa der souveränen Nationalstaaten.